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Die Rheindahlener Geschichte
von Rektor Krautwurst aus seiner Sicht im Jahre 1913

Rheindahlen liegt im Kreise Gladbach des preußischen Regierungsbezirks Düsseldorf an der Grenze der Regierungsbezirke Düsseldorf und Aachen auf dem linken Rheinufer.
Der Flächeninhalt der Gemeinde betrug ursprünglich
13369 Morgen = 3415 ha 41 ar. Durch allerhöchste Kabinettsorder vom 18.Dezember 1876 ist genehmigt worden, dass die Grenze zwischen Rheindahlen und Odenkirchen in Zukunft vom Hocksteinerwege ab durch die von Rheindahlen nach Rheydt führende Bezirksstraße gebildet werde. Der Streifen südlich der Chaussee, vom Hocksteinerwege bis zur Rheydter Grenze, enthaltend eine Fläche von 85 ar 96 Meter ist demnach zur Gemeinde Odenkirchen übergetreten, so dass die Fläche der Gemeinde Rheindahlen 3412 ha 57 ar betrug. Durch einen am 01.Oktober 1907 bzw. 27.Dezember 1907 zwischen den Stadtgemeinden Rheydt und Rheindahlen abgeschlossenen Vertrag wurde die Verlegung der Gemeindegrenze Rheydt - Rheindahlen zwischen der Provinzialstraße von Rheydt nach Rheindahlen und dem Pongser Weg derart nach Westen vereinbart, dass südlich der neuen Grenzlinie liegendes Gelände in Größe von 45 ha 50 ar von der Stadtgemeinde Rheindahlen abgetrennt und der Stadtgemeinde Rheydt einverleibt wurde. Diese Grenzveränderung ist durch allerhöchsten Erlass vom 24.Juni 1908 genehmigt worden und am 01.Oktober 1908 in Kraft getreten. Infolgedessen beträgt der Flächeninhalt der Gemeinde Rheindahlen heute nur noch 3367 ha 07 ar. Trotzdem ist Rheindahlen an Flächeninhalt noch immer die größte Gemeinde des Kreises Gladbach und größer wie die Städte Mönchengladbach und Rheydt zusammen.
Die Gebietsabtrennung der Stadtgemeinde Dahlen an die Stadtgemeinde Rheydt diente zur Schaffung des Rheydter
Stadtwaldes.
Die Ortsbezeichnung "Rheindahlen" ist auf Grund eines Stadtverordnetenbeschlusses vom 15.November 1877 durch königlichen Erlass vom 24.Dezember desselben Jahres, um Verwechslungen zu vermeiden, eingeführt worden; früher hieß es "Dahlen". Was nun zunächst diesen Namen betrifft, so wird derselbe in allen älteren Urkunden "Dalen" geschrieben, erst mit 1700 hat man angefangen, das "
h" einzuschalten. Man leitet denselben von Dal gleich Tal ab, weil die Stadt in einem kleinen Tal liegt. Berge sind zwar in der Gemeinde nicht vorhanden, doch flacht sich von allen Seiten die Gegend zu einer Niederung ab, in welcher das Städtchen liegt.
Dahlen wird bereits im Jahre 861 erwähnt, gehörte zum Mühlgau und wird in Urkunden damaliger Zeit als "
villa" (Dorf) bezeichnet. Am 09.Januar 1352 hat ein Johann, Herr zu Rheydt, den vierten Teil des Dorfes Dahlen, der ihm eigentümlich gehörte, an Wilhelm V. Markgrafen zu Jülich verkauft und erhielt dafür 1700 Gulden. In der betreffenden Ankaufsurkunde wird Dalen noch Dorf genannt. Der genannte Markgraf hat im Jahre 1354 Dalen durch einen Freibrief "für ewige Zeiten wichtige Freiheiten" verliehen. In dem Freibrief wird Dalen mehrmals als "Stede"(Stadt) bezeichnet, sodass anzunehmen ist, dass besagter Markgraf, sobald er ganz Dalen unter seine Herrschaft gebracht, demselben auch und zwar zwischen 1352 und 1354 städtische Rechte verliehen hat. Somit war Dalen die erste Ortschaft des Kreises Gladbach, die Stadtrechte erhielt. Im späteren Verlauf des 15. Jahrhunderts ist Dalen in die Hände der Grafen von Mörs, am 16.Januar 1493 an den Grafen Wilhelm von Wied und am 21.Juni 1494 an den Herzog von Jülich übergegangen. Im Jahre 1496 verlobte letzterer seine einzige Tochter Maria mit Johann dem Sohne und Erben des Herzogs von Kleve und am 25.November schlossen die beiderseitigen Eltern einen Ehevertrag, wonach sich das Brautpaar die Lande der Eltern nach deren Tode gegenseitig zubringen sollte. Wenn aber die Trauung stattgefunden und die Eltern noch am Leben sind, dann sollen die jungen Eheleute sofort schon Stadt und Kirchspiel Dalen als Eigentum erhalten. Durch diese Heirat wurden die Herzogtümer Kleve, Jülich und Berg vereinigt und blieb Dalen hiermit bis zum Beginn der französischen Herrschaft verbunden. Durch letztere wurde die Verwaltung der Stadt wesentlich verändert. Am 08. März 1795 wurde statt der bisherigen Schöffen und Vorsteher eine neue, aus fünf Mitgliedern bestehende Vorsteherschaft, Municipalität genannt, eingesetzt, die infolge des Dekretes vom 15. Juni 1798 wieder aufgehoben und durch einen Municipal-Agenten ersetzt wurde, der durch das Gesetz vom 17.Februar 1800 über die Verwaltung und Einteilung des französischen Reiches den Titel und die Stellung eines Maire (Bürgermeisters) erhielt. Dahlen wurde dem Kanton Odenkirchen zugeteilt, der zum Arrondissiment (Kreis) Krefeld und zum Departement de la Roer gehörte.
Durch den I. Pariser Frieden vom 30.Mai 1814 wurde das Roerdepartement, von Frankreich an Deutschland abgetreten und durch die Wiener Verträge vom Jahre 1815 kam Dahlen mit dem übrigen Rheinufer an die Krone Preußen. Bei der neuen Landeseinteilung wurde die Gemeinde dem Regierungsbezirk Düsseldorf zugeteilt und gehört seit der Kreiseinteilung vom 24.April 1816 zum Kreise Gladbach. Die Stadt Dahlen bildet jetzt mit dem Kirchspiel eine Bürgermeisterei und gehört nach der Stadtverordnung unter die Zahl der Städte. Seit der Einverleibung mit Preußen (1815) haben der Stadt folgende Bürgermeister vorgestanden:

1. Franz Heinrich Henrichs. Zur französischen Zeit war er Maire von Dahlen als Nachfolger des ehemaligen Vogtes und Maire Dortans. Noch früher war er eine zeitlang Präsident der Municipalität gewesen. Er war zugleich königlich preußischer Notar, war Bürgermeister bis zum 31.Januar 1838 und verstarb am 25.Juni 1842.
2. Peter Heinrich Mertens. Im Jahre 1850 legte er sein Amt nieder und starb am 14.Januar 1865.
3. Friedrich Wilhelm Wolters. Er war Bürgermeister von 1850 bis 1857, fungierte jedoch nur bis zum Frühjahr 1855, von wo an der erste Beigeordnete Franz Wilhelm Henrichs kommissarisch die Verwaltung führte.
4. Johann Nicodem. Zum Bürgermeister gewählt am 12.September 1857, nach Ablauf seiner Amtszeit am 08.Juli 1869 auf die weitere Amtsdauer von 12 Jahren und am 09.Juni 1881 auf Lebenszeit wiedergewählt. Am 01.April 1900 trat Bürgermeister Nicodem in den Ruhestand. In Anerkennung der vielen und segensreichen Verdienste, die er sich in 43 jähriger Tätigkeit erworben hatte, wurde ihm durch Stadtverordnetenbeschluss vom 22.Januar 1900 das städtische Ehrenbürgerrecht verliehen. Bürgermeister Nicodem ist am 06.März 1904 gestorben. Es folgte ihm im Amte:
5. Anton Kremer, bisher Bürgermeister in Imgenbroich. Der selbe wurde von der Stadtverord-netenversammlung am 15.März 1900 auf die Dauer von 12 Jahren gewählt, durch Verfügung des Regierungspräsidenten zu Düsseldorf vom 08.April desselben Jahres bestätigt und am 24. desselben Monats in sein neues Amt eingeführt.

Dahlen hat nie eine große Bedeutung gehabt und großartige Ereignisse sind von ihm nicht zu verzeichnen. Wohl ist Dahlen im Laufe der Zeit von verschiedenen Unglücksfällen heimgesucht worden.
Das größte Unglück, welches die Stadt treffen konnte, war die gänzliche Zerstörung durch den großen Brand am 05.Juni 1647. Wie das Feuer entstanden ist, ist gänzlich unbekannt. Die Sage geht, ein Huhn habe auf einem Backofen gebrütet und dadurch das Unglück veranlaßt. Zuerst war nur ein Haus von den Flammen ergriffen, dann aber, wer weiß wie, verbreitete sich das Feuer mit solcher Schnelligkeit, daß in etwa einer Stunde die ganze Stadt einem Feuermeere glich und an eine Rettung nicht mehr zu denken war. Nur ein Haus wurde gerettet. Auch die uralte Kirche brannte gänzlich aus und nur die Mauern sowie der Turm blieben übrig.
Die jetzige Kirche ist an derselben Stelle errichtet. Der alte Turm hat jedoch im Laufe der Zeit viel gelitten. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts war sein Mauerwerk vielfach gerissen und die Spitze auf eine Seite geneigt; lange Zeit durften deshalb die Glocken nicht mehr geläutet werden. Ein Sturmwind warf am Kirchweihfeste 1800 den Helm des Turmes herunter. Der jetzige Helm wurde erst 1803 auf den Turm gesetzt. Da die Kirche viel zu klein ist, so wird zurzeit ein Erweiterungsbau errichtet, wodurch die Kirche um ca 800 m2 vergrößert wird. Die Erweiterung besteht aus einem dreischiffigen, basilikalen Anbau mit Kreuzschiff, Chören und Sakristei an der Südseite. An der Nordseite ist ein neues Mittelschiffjoch mit Vordergiebel und Orgelbühne projektiert. Die beiden Mittelschiffjoche zwischen Orgelbühne und südlichem Anbau sollen ebenfalls neu eingebaut werden. Im alten südlichen Seitenschiff sind die zu erhaltenden vier Joche neu zu wölben. während die übrigen Gewölbe der alten Kirche bestehen bleiben.

Um für den Erweiterungsbau Platz zu gewinnen, verkaufte die Stadt im Jahre 1908 der Kirchengemeinde das von Schwestern des Ordens "der armen Dienstmägde Christi" geleitete Krankenhaus zum Abbruch und errichtete mit einem Kostenaufwande von rund 145000,-Mark an der neu angelegten Südstraße ein neues Kranken- und Pflegehaus, das im Juni v. Js. in Benutzung genommen wurde.

Anstelle des alten Gemeindehauses wurde im Jahre 1902 ein neues Rathaus erbaut, das insgesamt 43000,- Mark kostete. Zur Erinnerung an die im Kriege gegen Frankreich 1870/71 aus der Gemeinde Rheindahlen Gefallenen ist am 08.September 1907 an der Westseite des Rathauses eine von dem Bildhauer Hammerschmidt aus Düsseldorf hergestellte bronzene Gedenktafel angebracht worden, deren Kosten mit 5200,- Mark ganz aus freiwilligen Beiträgen aufgebracht wurden.
Durch die im Jahre 1889 in Betrieb genommene mechanische Kleiderfabrik ""
Rheindahlener Textilwerke Franz Müller", die rund 540 Arbeiter beschäftigt und die im Jahre 1906 erbaute Baumwollspinnerei der Firma W. Dilthey u. Co., die ebenfalls rund 380 Arbeiter beschäftigte, ist einem großen Teile der Bevölkerung Gelegenheit zur Arbeit und Verdienst geboten.
Rheindahlener Textilwerke Franz Müller                                                                            W.Dilthey u.Co.

Die städtische Sparkasse, die am 01.Januar 1853 gegründet wurde, hatte am 01.April ds. Js. auf 3500 Konten einen Reservefonds von 200000,-Mark. Die Provinzial-Verwaltung der Rheinprovinz hat in den Jahren 1907/09 an der Rheindahlen- M. Gladbacher-Provinzialstraße mit einem Kostenaufwand von 1 Millionen Mark eine Fürsorge- Erziehungs- Anstalt für katholische Minderjährige errichtet, die am 24,Oktober 1909 in Benutzung genommen wurde und für 400 Zöglinge Raum bietet. 

Die Deutsche Continental Gasgesellschaft in Dessau hat hierselbst eine Gasanstalt errichtet, die am 29.Oktober 1901 in Betrieb genommen wurde, ferner hat die Stadt Rheindahlen mit der Stadt Rheydt unterm 31.August bzw. 04. September 1906 einen Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie zu Licht-Kraft- und sonstigen Zwecken abgeschlossen. Im Jahre 1910 hat die Gemeinde mit einem Kostenaufwande von rund 120000,- Mark eine Kanalisation und Kläranlage herstellen lassen.

Rheindahlen ist Station der im Jahre 1878 eröffneten 2 gleisigen Eisenbahnlinie M.Gladbach- Dalheim- Antwerpen und seit dem 02.November 1905 mit Rheydt und seit dem 01. Dezember 1909 mit M.Gladbach durch eine direkte Straßenbahnlinie verbunden.
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