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Der Zimmermann von Dalen

Dem Stoff, dem ein geschichtliches Ereignis zu Grunde liegt, hat der aus Günhoven gebürtige Pater Josef Hieronymus Wilms zu einer ansprechenden kleinen Erzählung ausgestaltet, die in der Zeitschrift "Der Niederrhein" im Jahr 1912 erschienen ist.
Diese griff  der Rheindahlener Oberpfarrers Karl Josef Pauen auf, baute es zu einem Schauspiel aus und daraus wurde dieses Kulturgeschichtliche Schauspiel in 5 Akten aus Rheindahlens Vorzeit (1667) von ihm geschaffen. Es wurde von der Laienspielgruppe "Die Dilletanten" um 1920 öffentlich aufgeführt und fand dabei viel Beifall.
Peter Erdweg verfasste daraus ein plattdeutsches Gedicht mit dem Titel
"Derr Tömmermann van Daale".



Vorwort von Oberpfarrer PAUEN zum Schauspiel "Der Zimmermann von Dalen"

Die einzige Mähr aus alten Zeiten, die sich in Dahlen, wenn auch nur im Munde weniger, erhalten hat, ist die vom Zimmermann, der aus Neid und Zorn beim Turmbau seinen Gesellen erstochen, weil er ihn gereizt durch die Worte: "Ihr seid der Meister und ich bin der Knecht, der Eure steht schief, der meine steht recht." Den dürftigen Stoff, dem jedenfalls ein geschichtliches Ereignis zu Grunde liegt, hat Herr P. Wilms O.P., aus Günhoven gebürtig, zu einer ansprechenden kleinen Erzählung ausgestaltet, die in der Zeitschrift "Der Niederrhein" Jahrgang 1912 erschienen ist. Die mit Macht hereinbrechende moderne, nivellierende Zeit lässt auch in dem bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sehr konservativen Rheindahlen die Erinnerungen an die väterlichen Sitten und Gewohnheiten, an die alten sozialen Verhältnisse, in denen sich soviel katholischer Glaube, schöne Volksgebräuche und nicht unberechtigter Stolz auf die uralte Vaterstadt vorfand, immer schneller entschwinden. Diese Beobachtung sowie der in das Leben der Gemeinde so tief eingreifende Kirchbau und die Notwendigkeit, sich mit der Baugeschichte der alten Pfarrkirche zu befassen, ließen in dem Verfasser den Gedanken entstehen, den dramatischen, von P. Wilms in etwa gestalteten Stoff aufzugreifen und zu einem Schauspiel auszubauen, in dem Altes und Neues miteinander verwoben ist und die noch greifbaren Erinnerungen kulturgeschichtlicher Art aus Rheindahlens Vergangenheit und Volksleben dem jetzt lebenden Geschlechte wieder vor Augen geführt werden. Inwieweit dies gelungen ist, mögen die alten "Dalener" selbst beurteilen. Es würde den Verfasser sehr freuen, wenn eine Aufführung mit geschichtlich treuer Ausstattung sich ermöglichen ließe. Übrigens sind eine größere Anzahl der auftretenden Personen historisch, andere sind als Vertreter alter Dalener Familien gedacht.


Quer vor Rheindahlens Gotteshaus und mit ihm ineinander gebaut, liegt Dalens Kirche aus alter Zeit mit dem romanischen Turm und dem spätgotischen Chor.

Im Jahre 1647 hatte ein Brand den Turm der alten Kirche zerstört. Nun mußten das Geläute zum Gottesdienste und die Glocke am Morgen, Mittag und Abend sowie bei Feuers- und Sturmgefahr für lange Zeit verstummen. Erst nach 20 Jahren - es war die Zeit nach dem 30jährigen Kriege - hatten die Bürger das Geld für einen neuen Turmhelm zusammengebracht und beauftragten den ehrsamen Meister Peter Cryns aus Dalen mit der Arbeit. Der wollte den Turmhelm so fach- und sachgemäß richten, daß die Stadt stolz darauf sein könnte; denn er war ein tüchtiger, geschickter Meister, aber er war auch hitzig und hatte einen harten Kopf. Nun traf es sich, daß kurz zuvor der Blitz auch den Helm der Kirche in Beeck heruntergeschlagen hatte. Dem Beecker Pfarrer gefiel der Plan für den Dalener Turm aber so gut, daß er durchaus den gleichen Helm auch für seine Kirche haben wollte. Doch zwei Kirchtürme in einem Sommer zu richten, das hatte noch kein Zunftmeister fertig gebracht! Aber der Zimmermeister fand einen Ausweg, indem er seinem Meistergesellen Hendrik Fegers, der Cryns Tochter Stingche ehelichen möchte, die Arbeit in Beeck anvertraute. Den genauen Plan bekäme er mit. Er müsse sich gewissenhaft daran halten. Jeden Sonntag, wenn nötig auch mittwochs abends, solle er kommen, um zu erzählen, wie's um die Arbeit stehe. Der Meister wolle ihm dann sagen, was zu tun sei, und in Dalen könne er sehen, wie's gemacht würde. Hendrik erklärte sich durch Handschlag bereit, er wolle sein Bestes tun. So kam die Arbeit in Dalen und Beeck zur gleichen Zeit in Gang. - Aber der Geselle hat sein gegebenes Wort nicht gehalten. Er war zu stolz, hinterging seinen Meister und kam nicht ein einziges Mal nach Dalen. Um sich zu rühmen, wollte er den Beecker Turm höher und stattlicher richten, als der seines Meisters in Dalen wurde.

Der Zimmermann war über das eigenmächtige Verhalten seines Gesellen erbost, und bei einer Begegnung am Kaffenberg machte er ihm Vorwürfe. Er erinnerte ihn an die Abmachungen und verwies ihm seinen Undank. Hendrik aber lachte nur spöttisch. Dann zeigte er auf den Dalener Turmhelm, der doch gerade und schlank stand, und sagte höhnisch: "Ihr seid der Meister, und ich bin der Knecht; aber der Eure steht schief, und der meine steht recht!"

Diese Verunglimpfung und Überheblichkeit reizten den Meister, der seine Ehre und die ganze Kunst in sein Werk gesetzt hatte, so sehr, daß er in unbändigem Zorn dem andern blindlings das Messer ins Herz stieß.

Wegen der Untat wurde der Zimmermann zum Tode verurteilt. Er trug die Strafe als Sühne für sein im Zorn begangenes Unrecht. Auf dem Marktplatz in Dalen wurde er durch das Beil des Henkers hingerichtet. Alle aber waren bestürzt über das unrühmliche Ende der beiden Männer, die Stolz und Eigensinn verblendet und hartköpfig gemacht hatte.

„Albert Mackes, MÖNCHENGLADBACH, Werden und Wachsen unserer Heimatstadt. B.Kühlen 1958


 

Zur 650 Jahrfeier von Rheindahlen im Jahr 2004 wurde das Stück neu bearbeitet und von der extra hierzu gegründeten Theaterspieler Dahlen e.V. unter der Regie von Bert Stevens im Haus Dahlen aufgeführt.

Das Schauspiel wurde hierbei aufgezeichnet und als DVD vertrieben.

 

 

 

 







 


 

Ebenfalls wurde es auch unter der Leitung von Bert Stevens mit den Originalschauspielern als Hörspiel in 600 Stunden Arbeit im Tonstudio aufgezeichnet und dann als Doppel-CD veröffentlicht.
Erschienen ist das Hörspiel im Haro Verlag. Preis: 9,90Euro. Das Geld geht ganz an die kirchliche Jugendarbeit in Rheindahlen.

Bericht in der Westdeutschen Zeitung 18.11.2007

 

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