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                 Johannes Augstein

Am 7. September 1920 war Oberpfarrer Pauen versetzt worden. Am 15. Oktober wurde Joannes Augstein, bisher Pfarrer von Krefeld-Oppum, auf seine Stelle ernannt. Er war geboren in Zündorf am Rhein am 3. Januar 1872 und besuchte das Gymnasium in Opladen und Siegburg sowie die Universität in Bonn. Am 15. August 1894 erhielt er in Köln die Priesterweihe und ging zunächst als Kaplan nach Eupen, zu dem früheren Oberpfarrer von Rheindahlen, Heinrich Beys. 1900 wurde er Pfarrrektor von Krefeld-Oppum und vier Jahre später daselbst Pfarrer. Seine Versetzung nach Rheindahlen brachte ihn ans Ziel seiner irdischen Wünsche. Bei der Ausstattung des hiesigen neuen Gotteshauses konnte sich sein Kunst- und Schönheitssinn frei auswirken. Und er schuf in ihm ein weit und breit bewundertes, einzigartiges Heiligtum. Mit großer Fähigkeit und einzigartigem Geschick wusste er die Begeisterung seiner Pfarrkinder wach zu halten und immer neue Quellen zur Deckung der außerordentlich hohen Kosten zu erschließen. Er brachte auch persönlich im Verborgenen große Opfer für diesen Zweck. Nichts übersah er. Glocken, Ausmalung, Mosaikarbeiten, Hochaltar und Nebenaltäre, Maria Hilf- und Kriegergedächtniskapelle, vor allem die großartige Orgel waren sein Werk. Hochaltar, Kommunionbank, Chorstühle und Chorkandelaber ließ er mit echtem Gold überziehen. Selbst die Bänke im Schiff der Kirche trugen ganz dezent diesen Schmuck. All diese äußere Pracht war der Widerschein seiner inneren kindlich, fröhlichen und frommen Gesinnung. Falls der Küster ihm nicht zuvorkam, war er jeden Morgen der Erste im Gotteshaus, läutete mit eigener Hand die Morgenglocke und betete sein Brevier, das er auch nachmittags regelmäßig in der Kirche verrichtete. Pünktlich ohne jede Rücksicht begann und beendete er seine tägliche heilige Messe und erzog so auch seine Gemeinde zu musterhafter Pünktlichkeit. Eine besondere Freude fand er am feierlichen Gottesdienst, bei welchem nicht selten 60 Messdiener erschienen. Alle in gleichfarbigen schönen Kleidern, die er angeschafft hatte. Nur die Kalotte mussten die Mütter ihren Jungen selber anfertigen. Dabei herrschte eine solch heilige Ordnung und fromme Haltung unter der großen Schar, dass jeder Teilnehmer schon von dem Anblick ergriffen und erbaut war. Dazu erklang der Gesang des großen Kirchenchores, die Musik der gewaltigen Orgel und in den ersten Jahren sogar das Spiel des 60 bis 70 Mann starken Orchesters, so dass niemand sich des erhebenden Eindruckes erwehren konnte. Besonderen Glanz entwickelte der Eifer des Oberpfarrers an den Hochfesten des Kirchenjahres. Zu Weihnachten spielten nach der Mette um Mitternacht Bläser vom Kirchturm das Lied: "Stille Nacht, heilige Nacht" über Stadt und Kirchspiel. Zu nennen sind ferner die Kirchfeste Ostern und Pfingsten, das St. Helenafest und das ewige Gebet am Tag der hl. Anna. Bei der letzten Gelegenheit war der Hauptaltar mit dem ganzen weiten Chor ein einziges Blumenmeer. Tagelang war der Oberpfarrer beschäftigt all die tausenden Blumensträuße, die ihm die Kinder zutrugen, selbst zu ordnen und sie nach Farbe und Größe auf eigens angefertigte Gestelle zu stellen. Der Gottesdienst wurde auf einem niedrigen Altar vor dem Chor gehalten. An dem Tag war die Kirche auch von Gläubigen aus anderen Pfarreien ständig besucht. Auch um die Ausgestaltung der zahlreichen Kapellen im Dahlener Kirchspiel bemühte er sich. Eine besondere Vorliebe hatte der Oberpfarrer Augstein auch für Prozessionen und Wallfahrten. Was er und seine Pfarre nur an Glanz aufbieten konnten, wurde für die Fronleichnamsprozession aufgewandt. Und die Beteiligung, namentlich die der Männer, war vorzüglich. Die althergebrachten Wallfahrten nach Kevelaer und Trier brachte er zu großer Blüte und die Schiffswallfahrten nach Bornhofen wurden unter seiner Leitung weit über die Grenzen seiner Pfarre bekannt und beliebt. Alle Wallfahrten, auch die anstrengende Fußprozession nach Trier, die acht Tage in Anspruch nahm, machte er zur Erbauung seiner Gemeinde Jahr für Jahr persönlich mit. Eine gute Eigenschaft, die gewöhnlich wenig beachtet wird und doch hoch eingeschätzt werden muss, darf bei Oberpfarrer Augstein nicht übersehen werden. In seiner Eigenart fand er natürlicherweise auch unter seinen Mitbrüdern nicht wenig Missverständnis und auch Tadel. Augstein war sich dessen bewusst, aber nie gebrauchte er ein hartes oder tadelndes Wort gegen seine geistlichen Konfraters. Er duldete in seiner Gegenwart auch gegenüber anderen keine Verurteilung. Als die Stadt Mönchengladbach den jetzigen neuen Friedhof in der Nähe von Koch anlegte, sorgte Augstein daselbst für die Erweiterung und Ausstattung einer Priestergrabstätte. Am 26. Januar 1939, morgens um 5 Uhr, starb er an einem Schlaganfall und wurde als erster auf dieser Stätte begraben. Sein Begräbnis war wie das eines Kirchenfürsten.

Auszüge aus dem Buch "575 Jahre St. Helena Schützenbruderschaft Rheindahlen und Kirchspiel e.V., Spuren Rheindahlener Bruderschaften vom Spätmittelalter bis in die Moderne, 2008"