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Günhoven

Helene Rauen vom Günhover Hof führte Ende Juli 2013 die Geschichtsfreunde Rheindahlen durch "ihr Dorf". Treffpunkt und erste Station war der Wilmshof.

Schon allein der blühende Innenhof war atemberaubend. Gerda Wilms: "Das erste Gebäude war ein im 17. Jahrhundert errichteter Fachwerkbau. Von dem Haus ist nur noch die Vorderfront im Originalzustand." Ihr Urgroßvater baute 1844 mit den Steinen des ehemaligen Klosters aus Rheindahlen sein erstes Wohnhaus.

 

 

 

 





Ein dem original Kreuz des alten Klosters von Rheindahlen nachgebildetes Duplikat schmückt das Dach des Wilmshofs.

Einen Wintergarten ließ Gerda Wilms im Jahre 2000 zwischen dem Fachwerkbau und Wohnhaus errichten und verband damit beide Häuser. Um auch das Fachwerkhaus nutzen zu können, mussten Wasserrohre verlegt werden, die den Wintergarten durchquerten. Bei den Erdarbeiten erinnerte sie sich, dass ihr Vater immer von einem Brunnen gesprochen hatte. Ein altes Foto zeigt, wie die Großmutter Hubertine vor diesem Brunnen steht. Da auf dem Foto der ungefähre Standort zu erkennen ist, grub man sich durch die Erde. In ca.80 cm Tiefe stießen sie erst auf Blausteine, dann auf eine Metallplatte. Der Brunnen war noch da! Abgedeckt durch eben diese Metallplatte. So groß und schwer, um dem Druck der darauf liegenden Erde standhalten zu können. Heute ist er von innen beleuchtet. Durch ein Schutzgitter, natürlich auch antik, blickt der Betrachter in eine Tiefe von 20 m. Eingerahmt von den Blausteinen und dem ehemaligen Auffang- bzw. Abflussbecken. Umgeben ist das Ganze von antiken Terracotta-Fliesen.
 Zur Zeit werden die ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäude fachmännisch ausgebaut und lassen schon heute ein wunderbares Haus erahnen.


 

Gegenüber im Haus der Merbecks war ab dem Jahr 1843 die ehemalige Schule von Günhoven unterbracht.

Helene Rauen führte uns weiter zur Familie Zimmer. Im Innenhof des Hauses steht ein sog. Notstall aus dem Jahre 1803. Als die Bauern noch Pferde und Ochsen für die Feldarbeit einsetzten, mussten diese ab und zu neu beschlagen werden. Jungtiere benötigten oft einen Klauenschnitt. Nicht alle Tiere gingen freiwillig in das Gestell. Wenn gutes Zureden nicht half, wurden sie oft gewaltsam in die Holzkonstruktion gedrängt. Aber einmal im Gestell konnten die neuen Eisen aufgesetzt oder die Klauen beschnitten werden.

 


 

Frau Grünfelder erwartete uns schon vor der Kapelle. Im Jahre 1762 stand hier lediglich ein Holzkreuz, und im Jahr 1797 eine Kapelle in Fachwerkbauweise. 1843 erhielt die Kapelle ihr jetziges Aussehen und wurde mit den Bänken des Wickrather Klosters ausgestattet. Die sieben Bilder, ein sogenannter kurzer Kreuzweg, hängen auf der linken Wand. Frau Grünfelder erklärte dazu, dass während der großen Pestepidemie die Erkrankten zwar aus der Gesellschaft ausgeschlossen, jedoch die Möglichkeit hatten, hier zu beten. Die Bilder stammen aus der St. Helena Kirche von Rheindahlen. Sie wurden bei der Restaurierung nicht mehr benötigt und fanden 1920 den Weg nach Günhoven. Ein Holzkreuz aus dem 18. Jahrhundert schließt sich an. Das Altarbild, gemalt vom Dominikaner Pater Thaddäus Roth, zeigt die Familie Busen. Die Hl. Appolonia sehen wir in der Nische, auf der Glocke (1864), die wir natürlich nicht sehen konnten, die Namen ihrer Spender: Johann Wilhelm Joekes und Leonard Thelen.

Auf der linken Seite der Günhovener Strasse, etwa bei der heutigen Hausnummer 48, lag vor dem zweiten Weltkrieg die Gaststätte Brosch. Sie feierte im Jahre 1936 ihr 100-jähriges Bestehen und war immer in Familienbesitz. Hier wurden Hochzeiten gefeiert und es wurde getanzt. Für die Kinder gab es Schaukeln und Klettergeräte. Im Sommer unterhielt ein Orchester die Gäste. Dann standen vor der Gaststätte oft hochherrschaftliche Kutschen. Brosch war ein beliebter Ort bei Jung und Alt, und lockte Besucher aus Wickrath, Rheydt, Rheindahlen und Mönchengladbach herbei. Eine Bombe im zweiten Weltkrieg beendete die Ära Brosch.

 

Das Kriegerdenkmal, 1934 errichtet, war das nächste Ziel. Es wurde von Lorenz Körfer, einem Schüler Hein Minkenbergs, entworfen und von Wilhelm Merbecks, dem Großvater von Gerda Wilms, feierlich eingeweiht.



Den Abschluss der Tour bildete die "Thelen Hecke", 10 m hoch und ca. 3 m tief, sie wurde 1787 gepflanzt. Der Hof war von 1818 bis 1919 die Adresse des Gasthofes Lambertz. Der Wirt hatte Nischen in die Hecken geschnitten und dort Tische aufgestellt. Die Familie Thelen aus Hilderath übernahm 1919 den Hof. 1945, in den letzten Kriegstagen, "parkten" Panzer in der Hecke. Sie wurde wieder hergerichtet. Die Hecke wuchs und wuchs, mit der üblichen Heckenschere und Leiter war dem nicht mehr beizukommen. Familie Thelen übergab sie 1981 der Stadt Mönchengladbach, die seitdem die Pflege übernommen hat.

Der Abend endete in der Dorfschenke Rißdorf, wo das kalte Bier an diesem heißen Sommertag willkommen war.

 
Autor: Sigrid Bruckmann, Helene Rauen. Bilder: Familie Wilms; Achim Vieten.